Diese Möglichkeit ist nicht sehr bekannt. Auch beim Suchen im Internet findet man nicht viele hilfreiche Informationen.
Im Fachanwaltslehrgang Sozialrecht wurde das Thema ebenfalls nicht besprochen, sodass ich damit zum ersten Mal konfrontiert wurde, als ich eine Anfrage aus München erhielt die Mandantin dazu zu beraten und ihr beim Ausfüllen der Unterlagen zu helfen.
Also habe ich mich zunächst auf die Suche nach der Rechtsgrundlage begeben. Die Besonderheit des Falles war, dass meine Mandantin die Tätigkeit auch noch selber gekündigt hat, weil dem Familienumzug nach Italien anstand. Mit dem Antrag auf Bewilligung der ALG I-Leistungen wurde auch der Antrag auf Zahlungen der Leistungen im EU-Ausland gestellt.
Die Rechtsgrundlage dafür findet sich im Art. 64 VO (EG) 883/2004. Erfüllt ein Arbeitsloser die Voraussetzungen des SGB III und hat einen Anspruch auf LAG I, so kann er diesen und die damit verbundenen Zahlungen auch mit ins EU-Ausland in der Regel für 3 Monate mit einer Verlängerungsoption für weitere 3 Monate mitnehmen.
Die formale Voraussetzung ist, dass der Umzug mindestens 4 Wochen vorher gemeldet wird, damit die örtliche BA noch die Möglichkeit hat Stellenangebote zu schicken, um ggf. den Umzug zu vermeiden. Im Fall meiner Mandantin war dies jedoch sinnlos, weil der Umzug nach Italien zur Familie und dem Ehemann erfolgte, sodass ein Verbleib in Deutschland ausgeschloßen war. Auf Nachfrage wurde meiner Mandantin auch eine frühere Ausreise genehmigt.
Um den Transfer der Leistungen zu beantragen, muss die Form PD U2 ausgefüllt werden. Die Bewilligung erfolgt zunächst für 3 Monate, vorausgesetzt die Meldung bei der zuständigen Arbeitsverwaltung erfolgt fristgemäß. Diese Meldung muss auch nachgewiesen werden, damit die Leistungen nicht wieder aufgehoben werden. Die Verlängerung um weitere 3 Monate muss ebenfalls rechtzeitig beantragt werden und erfolgt in der Regel problemlos.
Zu beachten ist, dass bei der Verhängung der Sperrzeit auch auf die transferierten Leistungen Auswirkung hat.
Im Fall meiner Mandantin haben wir zunächst erfolgreich die Sperrzeit wegen Eingenkündigung gem. § 159 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB III wegen der existierenden Rechtsprechung zum Ehegattennachzug i.S.e. wichtigen Grundes nach Abs. 1 S. 1 aufgehoben bekommen. Sodann ist meine Mandantin nach Italien gezogen und hat sich da unverzüglich bei der örtlichen Arbeitsverwaltung als arbeitssuchend gemeldet, sodass ihr die ALG I-Leistungen bezahlt wurden. Auch die Verlängerung erfolgte reibungslos, allerding für 2 weitere Monate, weil meine Mandantin in den Mutterschutz wechselte.
Und, oh Wunder J, erhielt sie von der deutschen Krankenkasse gem. Art. 17 ff. VO (EG) 883/2004 auch noch Mutterschaftsgeld.
Ende gut, alles gut. Auch wenn die Regelungen im sozialrechtlichen Bereich teilweise erheblich kritisiert wurden, zeigt dieser Fall, dass ein Mensch auf seine „verdiente“ soziale Absicherung zählen kann, auch wenn der Lebensmittelpunkt in Deutschland aufgegeben wird.