Urt. des LAG Rheinland-Pfalz vom 14.01.2021 (5 Sa 267/19), Revision beim BAG unter 9 AZR 143/21 anhängig.
Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz hat im Januar 2021 entschieden, dass ein Arbeitgeber, der gar keine Kenntnis von der Schwerbehinderung seines Arbeitnehmers hat, nicht dazu verpflichtet ist diesen auf den Zusatzurlaub des § 208 SGB IX hinzuweisen.
Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zu Grunde:
Der Kläger war von August 2016 bis Februar 2019 bei der Beklagten tätig. Der Beklagten wurde auf Antrag gem. §§ 88 SGB III auf deren Antrag Eingliederungszuschuss gewährt.
Seit 2014 war der Kläger schwerbehindert mit einem GdB von 50. Bei der Einstellung teilte der Kläger der Beklagten dies nicht ausdrücklich mit.
Nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis forderte der Kläger für Jahre 2016 bis 2018 Abgeltung für den Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen.
Im Verfahren war streitig, ob die Beklagte auf andere Weise, als durch die Auskunft des Kläger von seiner Schwerbehinderung schon im Jahr 2016 Kenntnis erlangt hat.
Das Arbeitsgericht Trier hat die Beklagte zur Zahlung u.a. der Urlaubsabgeltung für den Zusatzurlaub verurteilt. Das Gericht führte dazu aus, dass der Zusatzurlaub nach § 208 SGB IX wie der Mindesturlaub nach BUrlG dann bis zum Ende des laufenden Jahres nicht verfalle, wenn der Arbeitgeber über den Urlaub und die Verfallfristen nicht belehre. Die Rechtsprechung des EuGH statuiere eine Hinweispflicht betreffend auch des Zusatzurlaubs (vgl. EuGH, 06.11.2018 – C-684/16). Dem Arbeitgeber ist es zumutbar auch in Unkenntnis der Schwebehinderung auf den Zusatzurlaub und die Verfallfrist hinzuweisen.
Das Landesarbeitsgericht hat die Entscheidung des Arbeitsgerichts aufgehoben und die Klage zurückgewiesen. Eine präventive Hinweispflicht ohne weitere Anhaltspunkte bestehe nicht. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet über alle möglichen Eventualitäten, auch wenn diese nicht in Betracht kommen, zu informieren.
Im vorliegenden Fall konnte der Kläger in der Berufungsinstanz die positive Kenntnis der Beklagten von seiner Schwebehinderung nicht nachweisen. Die angebotenen Beweise durch die Zeugenvernehmung konnten die Behauptung des Klägers, die Beklagte habe durch die Stellung des Antrages auf Eingliederungshilfe nach §§ 88 ff. SGB III für schwerbehinderte Menschen davon Kenntnis erlangt, nicht bestätigt werden.
Damit wird die bisherige Meinung in der Literatur, der Arbeitgeber braucht einen Zusatzurlaub nicht anzubieten, solange er keine Kenntnis von der Schwerbehinderung des Arbeitsnehmers hat, bestätigt. Diese Entscheidung steht auch nicht im Widerspruch zur Entscheidung des EuGH.
Es bleibt allerdings abzuwarten, ob das Bundesarbeitsgericht sich ebenfalls der Literaturmeinung anschließt.